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Betrug, Computerbetrug und Erschleichen von Leistungen

Autoren: Rechtsanwältin Dr. Maria Miluscheva, Fachanwältin für Strafrecht und Dilyana Chirpanlieva, Studentin der Rechtswissenschaften

Der Betrug ist ein Delikt, bei dem der Einfallsreichtum vieler Täter ans Tageslicht kommt. Ob Betrug im Internet, an der Haustür oder Kreditbetrug - interessant ist, dass es sich um ein Selbstschädigungsdelikt handelt - der Betrüger lässt sich den Vermögenswert durch das Opfer selbst »herausreichen«.¹ Der Tatbestand des Betrugs dient insoweit auch der Abgrenzung zwischen rechtmäßigem und wirtschaftlich geschicktem Vorgehen und der verbotener Geschicklichkeit.²

Der folgende Artikel gibt Auskunft über den strafrechtlich relevanten Betrug, seine typische Erscheinungsformen, den Computerbetrug und das verbotene Erschleichen von Leistungen.

Wann liegt ein Betrug vor?

Gemäß § 263 StGB macht sich strafbar derjenige, der durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Das Hervorrufen eines Irrtums alleine begründet keine Strafbarkeit, vielmehr muss die Täuschung zu einer Vermögensverfügung seitens des Opfers führen, die einen Vermögensschaden verursacht. In subjektiver Hinsicht sollte der Täter in der Absicht handeln, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

  • Täuschung über Tatsachen

Gegenstand einer Täuschung können nur Tatsachen sein. Tatsachen sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweis zugänglich sind. Umfasst sind innere (Absichten, Kenntnisse) sowie äußere Tatsachen (z. B. Mangelfreiheit einer Sache). Diese sind von Werturteilen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden, die eine rein subjektive Bewertung darstellen. Die Täuschung kann sowohl ausdrücklich in Form einer Lüge, als auch konkludent erfolgen, etwa wenn der Kunde in einem Supermarkt eine Ware mit falschem Etikett überklebt. Täuschung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn ein Verkäufer gegen seine Aufklärungspflicht verstößt und die Unfallschäden eines Gebrauchtwagens verschweigt.

  • Erregung/Unterhalten eines Irrtums

Durch die Täuschung muss beim Opfer eine Fehlvorstellung hervorgerufen oder verstärkt sein. Auch Zweifel des Opfers beseitigen das Vorliegen eines Irrtums nicht. Das bloße Ausnutzen eines bereits vorhandenen Irrtums ist jedoch nicht als eine Täuschung zu werten.

  • Vermögensverfügung und Vermögensschaden

Die dritte Voraussetzung für die Bejahung eines Betrugs ist eine freiwillige Handlung des Getäuschten, die unmittelbar eine Vermögensminderung herbeiführt – z. B. der Abschluss eines verbindlichen Vertrags, die Erbringung von Dienst- oder Arbeitsleistungen oder die Nichtgeltendmachung einer Forderung. Durch diese Verfügung soll ein Schaden bei dem Getäuschten oder bei einem Dritten eingetreten sein, d. h. ein negativer Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung.³

  • Strafmaß

Sind die vorgenannten Tatbestandsmerkmale erfüllt, so sieht das Gesetz je nach den Umständen des Einzelfalles die Verhängung einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.

Typische Erscheinungsformen in der Praxis

  • Abrechnungsbetrug

Der Abrechnungsbetrug betrifft das Erschleichen von Vergütungen für nicht erbrachte Leistungen im deutschen Gesundheitswesen, wobei Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Krankenhäuser u. a. mittels Abrechnung fingierter oder höher bewerteten Leistungen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse oder einem Privatpatienten täuschen.

  • Anlagebetrug

Unter dem Begriff „Anlagebetrug“ versteht man Delikte, bei denen die Täter gut- bzw. leichtgläubige Investoren zu hohen Investitionen in eine Anlage verleiten, indem sie hohe Gewinne versprechen und das fehlende qualifizierte Wissen bezüglich der komplexen angebotenen Finanzprodukte ausnutzen. Es erfolgt keine Überprüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, auch wird die Seriosität und Bonität der Anbieter nicht kontrolliert. Der Getäuschte bezahlt ohne Berücksichtigung des hohen Risikopotenzials einen höheren Preis für die Anlage, als ihr objektiver Marktwert ist. Voraussetzung für einen Betrug ist, dass der Täter weiß, dass die Anlage trostlos ist und Totalverlust droht oder zumindest vorspiegelt, das Risiko sei viel geringer, also mit Täuschungsabsicht handelt. Dem Bundeskriminalamt zufolge werden im Jahr bis zu 2,5 Milliarden Euro auf dem so genannten „grauen Kapitalmarkt“ durch Anlagebetrug verloren.

  • Anstellungsbetrug

Der Anstellungsbetrug umfasst Fälle, in denen ein Arbeitnehmer nicht die erwartete Arbeitsleistung erbringen kann, weil er die von ihm vorausgesetzte Qualifikation nicht hat bzw. als nicht zuverlässig und vertrauenswürdig gilt. Dem Vergütungsanspruch seines Arbeitgebers steht demzufolge ein minderwertiger Anspruch auf Arbeitsleistung gegenüber. Der Täter kann beispielsweise über den Abschluss einer Ausbildung, das Vorliegen einer Vorstrafe oder über eine frühere Position als Führungskraft täuschen.

  • Erschlichene Beamtenstellung

Wird eine Person zum Beamten ernannt, obwohl diese die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt, spricht man von erschlichener Beamtenstellung. Bei Täuschung besteht der Schaden bereits darin, dass die versprochene Leistung wegen der persönlichen Unzuverlässigkeit einen geringeren wirtschaftlichen Wert hat. Im Vergleich zu dem Anstellungsbetrug ist hier irrelevant, ob die konkrete Person das nötige Fachwissen tatsächlich besitzt und Ihre Dienste ausgezeichnet erfüllen kann.

  • Kontoeröffnungsbetrug

Hier handelt es sich um Fälle, in denen Personen mit gestohlenen oder gefälschten Ausweispapieren Konto bei einer Bank eröffnen, um auf diesem Geld von illegalen Geschäften anzulegen. Außerdem wird die Bank zu Zahlungen veranlasst und dabei über die Zahlungswilligkeit getäuscht. Die Konten werden nicht auf Guthabenbasis geführt.¹⁰

  • Kreditbetrug

In diesem Fall, spielt der Täter einer Bank vor, dass er das Darlehen rechtzeitig zurückzahlen kann oder will. Dabei werden öfters Einkommensnachweise gefälscht, um Kreditwürdigkeit vorzutäuschen. Der Vermögensschaden entsteht zum Zeitpunkt der Auszahlung des Kredits, wenn dieser nicht zurückbezahlt werden kann. Ein Betrug ist jedoch nicht gegeben, wenn der Darlehensnehmer seinen Kredit abgesichert hat. Als Absicherung können die Bestellung einer Grundschuld/Hypothek oder die Abtretung von Forderung oder Pfandrechten dienen.

  • Sozialleistungsbetrug/Sozialhilfebetrug

Diesen Betrug begeht jemand, der soziale Leistungen vom Staat (Muttergeld, Wohnungsgeld, Arbeitslosengeld usw.) bezieht, ohne die jeweiligen Voraussetzungen zu erfüllen. Darunter fällt auch der BAföG-Betrug, etwa wenn über die Höhe des elterlichen Einkommens getäuscht wurde. Häufig machen Täter falsche Angaben zum Einkommen und Vermögen oder verschweigen eine Erbschaft. Ein Sozialhilfebetrug liegt z. B. vor, wenn der Sozialhilfeempfänger es unterlassen hat, die Einkünfte aus einer Haupt- oder Nebenbeschäftigung der Agentur für Arbeit anzuzeigen.

  • Lastschriftbetrug

Beim Lastschriftbetrug wird die Widerrufsfrist von acht Wochen missbraucht. Der Betrüger nutzt die Lastschriften als „kurzfristige Kredite“ aus, wobei die Gläubigerbank zuerst die beantragte Summe auszahlt, danach innerhalb der Widerrufsfrist das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Täters tragen muss. Es handelt sich um einen Gefährdungsschaden.¹¹

Besonders schwere Fälle des Betrugs

Bei Verwirklichung eines besonders schweren Falles des Betrugs droht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Wie beim besonders schweren Fall des Diebstahls (siehe unseren Artikel zum Diebstahl Teil I und Teil II) findet keine zwangsläufige Anwendung des strengeren Strafrahmens, vielmehr werden die Einzelfallumstände in Betracht gezogen. In der Regel begeht einen besonders schweren Fall des Betrugs, wer

  • gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt,

  • einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,

  • eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,

  • seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht oder

  • einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

Gewerbsmäßige und bandenmäßige Begehung des Betrugs

Eine Qualifikation zum Betrug stellt die gewerbs- und gleichzeitig bandenmäßige Begehungsweise des Täters. In diesem Fall geht das Gericht von dem höheren Strafrahmen aus, also Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Eine Bande ist dann gegeben, wenn sich mindestens drei Personen zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden haben. Bei der konkreten Handlung sollte der Betrug auf einem Plan der Bande beruhen. Gewerbsmäßig handelt derjenige, der sich durch die strafbaren Handlungen eine Einnahmequelle verschaffen möchte.

Computerbetrug

In dem digitalen Zeitalter gewinnt immer mehr der Computerbetrug gemäß § 263a StGB an Bedeutung. Dabei wird nicht eine natürliche Person, sondern eine Maschine „getäuscht“. Der Täter beeinflusst das Ergebnis eines Datenverarbeitungsprozesses. Im Gesetz sind vier Handlungsmodalitäten genannt und zwar:

  • das unrichtige Gestalten eines Programms

  • die Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten

  • die unbefugte Verwendung von Daten

  • die sonst unbefugte Einwirkung auf den Ablauf

  • einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

Typische Fälle von Computerbetrug sind Manipulationen von Programmen, Geldautomatenmissbrauch, unbefugter Kontozugriff mittels „Phishing“ u. a

Erschleichen von Leistungen

Bei diesem Delikt wird eine nur gegen Entgelt zu erbringende Leistung erbracht, vor allem bei Massenleistungen wie der Beförderungsleistung im öffentlichen Verkehr. Das Nutzen eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne Ticket (Schwarzfahren) ist ein typisches Beispiel für die Verwirklichung von § 265a StGB. Erfasst sind auch Leistungen, die von einem Automaten erbracht werden. Dabei überlistet der Täter einen maschinellen Vorgang – z. B. durch Überwindung eines Münzprüfers durch Fremdwährung an einem Getränkeautomat. Die vorgesehene Strafe ist Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.



¹ Satzger / Schluckebier / Widmaier: StGB - Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Auflage 2016, §263 Rn. 10.
² Fischer, Thomas, §263 Rn. 2.
³ Fischer, Thomas, §263 Rn. 111.
https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/kredit-und-anlagebetrug/anlagebetrug/.
https://www.bafin.de/DE/Verbraucher/GeldanlageWertpapiere/Investieren/GrauerKapitalmarkt
/grauer_kapitalmarkt_node.html.

Satzger / Schluckebier / Widmaier: StGB - Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Auflage 2016, §263 Rn. 270.
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/anlagebetrug-die-maschen-der-anlagebetrueger-172579.html.
Satzger / Schluckebier / Widmaier: StGB - Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Auflage 2016, §263 Rn. 276.
Grundkurs Strafrecht II – Prof. Dr. Helmut Satzger, Vorlesungsskript, Einheit 31.
¹⁰ Satzger / Schluckebier / Widmaier: StGB - Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Auflage 2016, §263 Rn. 278.
¹¹ Satzger / Schluckebier / Widmaier: StGB - Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Auflage 2016, §263 Rn. 286.