Infothek

Diebstahl, Bandendiebstahl und Wohnungseinbruchsdiebstahl Teil II

Autor: Peter Alicke, Rechtsreferendar (Anwaltsstation)

In diesem Teil werden die verschiedenen Möglichkeiten der Beweissicherung und -erhebung sowie deren Beweiswert für das gerichtliche Strafverfahren dargestellt.

Gemäß § 163 StPO hat die Polizei die Pflicht, Straftaten zu erforschen. Mangels spezieller rechtlicher Grundlage kann sie aufgrund der allgemeinen Aufgabeneröffnung des § 163 StPO auch Tatortspuren sichern, die für die Beweisführung und die Täterermittlung bedeutsam sein können. Vor allem bei einfachen Diebstahlsdelikten mag ein Grund für die geringe Aufklärungsrate sein, dass die Beweissicherung und -erhebung aufwändig und teuer ist. Kosten und Aufwand stehen häufig in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der gestohlenen Gegenstände, weshalb in der Praxis manchmal von einer umfassenden Spurensicherung abgesehen wird. Anders verhält es sich aber bei qualifizierten Diebstahlsdelikten, wie etwa dem Wohnungseinbruchsdiebstahl.

Das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hat mittels einer Aktenanalyse in fünf Großstädten festgestellt, dass in ca. 9 von 10 Fällen (wobei es jedoch regional starke Abweichungen gibt) die Polizei bei Wohnungseinbruchsdiebstahl nach Tatortspuren sucht. In ca. 61 % der Fälle werden auch Spuren gefunden (vgl. Forschungsbericht Nr. 130 des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V., Wohnungseinbruch: Polizeiliche Ermittlungspraxis und justizielle Entscheidungen im Erkenntnisverfahren, Ergebnisse einer Aktenanalyse in fünf Großstädten, S.41 f.). Wurde ein Tatverdächtiger ermittelt, ist es - in Abhängigkeit von der Beweislage - nicht unwahrscheinlich, dass es auch zu einer Anklageerhebung kommt.

Angesichts der hohen Straferwartungen (vgl. Teil I zu Diebstahl, Bandendiebstahl und Wohnungseinbruchsdiebstahl) der verschiedenen Diebstahlsdelikte empfiehlt es sich, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie insbesondere eines Banden- oder Einbruchsdiebstahls beschuldigt werden. Ihr Strafverteidiger kann Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen und bereits in diesem Stadium mit Ihnen eine geeignete Verteidigungsstrategie entwickeln und gegebenenfalls eine Einstellung des Verfahrens noch vor Anklageerhebung erwirken. Die Überprüfung der Beweiserhebung, ihrer Verwertbarkeit vor Gericht und ihres Aussagegehalts gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Strafverteidigers.

Spurensicherung am Tatort

Zu den am häufigsten gesicherten Spuren zählen Fingerabdrücke. Des Weiteren werden regelmäßig Werkzeugspuren und Schuhabdrücke, in selteneren Fällen auch Ohrabdrücke (die beispielsweise entstehen können wenn der Täter an der Tür horcht, ob ein Bewohner zu Hause ist) und Textilfasern gesichert.

Fingerabdrücke

Fingerabdrücke hinterlassen die Täter häufig in Form von sogenannten „latenten“ Abdrücken, die bei normalem Licht grundsätzlich nicht sichtbar sind. Hierbei handelt es sich um Abdrücke, die aufgrund feiner Spuren von Schweiß entstehen, wenn Täter Gegenstände berühren. Diese können mittels spezieller Methoden sichtbar gemacht und dauerhaft als Beweismittel gesichert werden. Aufgrund der speziellen und bei jedem Menschen einzigartigen Anordnung der sogenannten Papillarlinien an den Fingern und der Handinnenflächen kann der jeweilige Abdruck eindeutig einer bestimmten Person zugeordnet werden.

Problematisch ist dabei häufig, dass sich gerade in Wohnungen viele Fingerabdrücke von den Bewohnern oder unschuldigen Besuchern befinden, sodass auch von diesen Vergleichsabdrücke notwendig sein können, um diese aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen.

Wird ein geeigneter Fingerabdruck gesichert, so kann ein Tatverdächtiger mittels eines automatischen Datenabgleichs mit den polizeilichen Datenbanken innerhalb kürzester Zeit ermittelt werden – vorausgesetzt natürlich, er ist bereits polizeilich erfasst. Trägt der Täter Handschuhe, so ist es auch möglich Abdrücke von Handschuhen zu sichern und diese ggf. mit Handschuhen eines Verdächtigen zu vergleichen.

Schuhabdrücke

Schuhabdrücke entstehen beispielsweise, wenn Einbrecher die Tür eintreten oder mit nassen bzw. verschmutzten Schuhen das Einbruchsobjekt betreten. Häufig sind Fußspuren auch nicht sichtbar, können aber mithilfe eines speziellen Lichts sichtbar gemacht werden. Die polizeilichen Ermittler fotografieren die Spuren am Tatort und nehmen von ihnen gegebenenfalls Abdrücke oder Abgüsse, sofern sich die Spuren z.B. im Schnee oder in einem Beet vor dem Haus befinden.

Die gewonnen Abdrücke können daraufhin mit dem Schuhwerk eines Verdächtigen verglichen werden. Zudem sind auch Rückschlüsse auf Größe, Gewicht und Verhalten des Täters möglich.

Beweiserhebung vor Gericht

In ein gerichtliches Strafverfahren werden die Abdruckspuren mittels des Sachverständigenbeweises eingebracht. Der Sachverständige kann mittels eines Abgleichs der Spuren vom Tatort und der Abdrücke des Verdächtigen nachweisen, ob eine genügend hohe Anzahl an Details der Abdrücke miteinander übereinstimmen.

Die Fingerabdruckmethode ist das zuverlässigste Verfahren zur Identifizierung einer Person und daher besitzt sie auch vor Gericht einen erheblichen Beweiswert.

DNA-Spuren

Auch DNA-Spuren werden häufig gesichert. So kann die Polizei molekulargenetisches Material, das von den Tätern stammt und am Tatort des Diebstahls aufgefunden wird, sichern.

Dazu zählen insbesondere Haare, Blut, Speichel (z.B. an hinterlassenen Zigarettenkippen) und Hautschuppen. Diese enthalten menschliche Zellen, die für eine DNA-Analyse genutzt werden können, um so eine bestimmte Person anhand ihres DNA-Identifizierungsmusters eindeutig als Täter zu bestimmen oder auszuschließen.

Gemäß § 81e Abs. 2 StPO darf das gesicherte Material mittels molekulargenetischer Untersuchung auf das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person hin untersucht werden. Die Untersuchung wird grundsätzlich durch öffentlich bestellte Sachverständige vorgenommen, die ihre Ergebnisse in einem Gutachten festhalten, das schließlich als Urkundenbeweis in den Strafprozess eingeführt werden kann. Zudem wird der betreffende Sachverständige über das Ergebnis seines Gutachtens vernommen.

Beweiswert von Tatortspuren vor Gericht

Grundsätzlich handelt es sich bei am Tatort gefundenen Spuren, seien es Fingerabdruckspuren oder DNA-Spuren, lediglich um sogenannte Indizien, die lediglich beweisen, dass eine bestimmte Person sich an dem Tatort aufgehalten hat. Je nachdem wie viele einzelne Indizien hinzutreten, lassen diese möglicherweise zusammen oder auch nur ein einzelnes Indiz den Schluss auf einen bestimmten Täter zu. Letzteres kann beispielsweise der Fall sein, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Verdächtige jemals berechtigterweise Zugang zu der Wohnung hatte, in die eingebrochen wurde, aber dennoch Fingerabdrücke und/oder molekulargenetisches Material am Tatort gefunden wird. Dies kann somit bereits für sich genommen den Schluss zulassen, dass die ermittelte Person der Täter ist.

Aufgabe der Strafverteidigung ist es deshalb, mittels eigener Beweisanträge und Anregungen oder aufgrund eigener Ermittlungen den Sachverhalt vollständig aufzuklären und so den Mandanten zu entlasten. Ein erfahrener Strafverteidiger kann auf diesem Wege Indizien finden, die auf die Unschuld seines Mandanten oder darauf hindeuten, dass eine andere Person der Täter ist. Denkbar ist es auch, dass es eine plausible und beweisbare Erklärung dafür gibt, dass Spuren des Mandanten an dem Tatort gefunden wurden, oder die Spuren beispielsweise aufgrund einer Verunreinigung nicht verwertbar sind. Der Strafverteidiger kann dann darauf hinwirken, dass diese als Beweise nicht verwertet werden und stellt so ein faires Verfahren sicher.

Videoüberwachung

Des Weiteren kommt eine Überführung der Täter über Videoaufzeichnungen in Betracht, die im Rahmen privater oder öffentlicher Videoüberwachung entstanden sind.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens können die Behörden, je nach Qualität der Videoaufnahmen und je nachdem ob die Täter erkennbar sind oder nicht, den oder die Täter mittels eines Abgleichs mit den polizeilichen Datenbanken identifizieren.

Das Gericht kann die Videoaufzeichnungen im anschließenden Gerichtsverfahren in Augenschein nehmen. Abhängig von der Qualität der Aufnahmen und deren Inhalt kommt diesen ein unterschiedlicher Beweiswert zu. Wurde der Tatverdächtige beispielsweise nur in der Nähe des Tatortes gefilmt, wird dies in der Regel nicht ausreichen, um ihn der Tat zu überführen, wenn nicht weitere Indizien hinzutreten. Anders kann es sich aber verhalten, wenn der Täter bei Einbruchshandlungen in das Gebäude oder sogar bei Diebstahlshandlungen selbst gefilmt wird.

Unser Rat

Wird man eines Diebstahlsdeliktes beschuldigt, so ist es ratsam einen Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren. Dieser kann durch Akteneinsicht die Sach-und Rechtslage dahingehend einschätzen, ob eine Bestrafung zu erwarten ist und mit seinem Mandanten entscheiden, ob demnach eine Strafmaß-oder Freispruchverteidigung der richtige Weg ist. Denn selbst wenn die Beweislage erdrückend ist, besteht in jedem Fall aufgrund des weitläufigen Strafrahmens ein großer Spielraum im Hinblick auf die zu erwartende Strafe.