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Ist der Gebrauch falscher Rezepte, Zeugnisse und Gehaltsabrechnungen strafbar?

Autoren: Rechtsanwältin Dr. Miluscheva, Fachanwältin für Strafrecht und Christina Hauck*, wissenschaftliche Mitarbeiterin

Das Thema „Urkundenfälschung“ wurde in den letzten Monaten ganz populär. Gleichzeitig ermitteln die Staatanwaltschaften in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern gegen Verdächtigte, die von gefälschten Lohnabrechnungen, Aufenthaltstiteln oder anderen Zeugnissen Gebrauch machten. Als besonders dreist bezeichnete die bundesweite Presse den Fall, in dem zwei Dortmunder mit gefälschten Verdienstnachweisen Kredite in erheblicher Höhe von drei Banken aufgenommen haben. Die Abrechnungen stammten angeblich vom BVB-Hauptsponsor „Evonik“. Der Aussteller wusste aber von diesen Unterlagen nichts. Die Straftäter stehen seit Mitte April 2018 vorm Bochumer Gericht.

In Deutschland ist Urkundenfälschung eine Straftat. Somit möchte der Gesetzgeber die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs gewährleisten. Der Beweisverkehr mit Urkunden wird geschützt, sodass man auf die Echtheit einer Urkunde vertrauen kann. Eine Schwierigkeit stellt allerdings die Tatsache dar, dass das Gesetz keine eindeutige Definition von „Urkunde“ liefert und nicht klar vorschreibt, was alles unter den Begriff „Urkundenfälschung“ fällt. Im Folgenden wird ein kleiner Überblick über die Urkundenfälschung verschafft.

Wer macht sich wegen Urkundenfälschung strafbar

Gemäß § 267 StGB macht sich jeder wegen Urkundefälschung strafbar, der eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine echte oder unechte Urkunde gebraucht. Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist. Dabei muss jede Urkunde ihren Aussteller klar und eindeutig erkennen lassen. Sie muss somit die Erklärung eines Gedankens enthalten und zum Beweis einer Tatsache geeignet sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Künstler auf seinem Bild mit seiner Unterschrift erkennbar machen möchte, dass er der Urheber dieses Werkes ist. Der Aussteller ist erkennbar, wenn deutlich gemacht wird, von wem die Urkunde geistig herrührt. Eine Urkunde ist echt, wenn sie von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht. Unecht ist sie, wenn also eine Identitätstäuschung vorliegt. Das Herstellen, Verfälschen oder Gebrauchen muss vorsätzlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr geschehen sein. Das bedeutet, dass die Urkunde dafür vorgesehen sein muss, dass man sie auch verwendet und gegenüber der anderen Person vortäuschen möchte, dass es sich um eine Originalurkunde handelt. Durch diese Handlung muss der Täter sich einen Vermögensvorteil verschaffen wollen. Als Vermögensvorteil betrachtet der Gesetzgeber zum Beispiel den Versuch, einer Zahlung zu entgehen oder im Job mehr Geld durch ein besseres Zeugnis oder gefälschten Lebenslauf zu verdienen.

Welche Strafen sieht das Gesetz vor

Wer eine Urkundenfälschung begeht, wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. Bei besonders schweren Fällen drohen Strafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Anders sieht es allerdings aus, wenn man die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande gewerbsmäßig begeht. Wenn sich die Bande zur fortgesetzten Begehung von Straftaten, vor allem zu solchen der Betrugs- oder Urkundendelikte, verbunden hat, sollte man mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren rechnen. In minder schweren Fällen kann es zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren kommen.

Rezeptfälschung

Das Rezept ist eine von einem Arzt ausgestellte Gedankenerklärung. Es dient dazu zu beweisen, dass ein bestimmtes Medikament durch den Arzt verschrieben wurde. Da die Fälschung nicht vom Arzt herrührt, ist diese Urkunde unecht. Wenn das abgeänderte Rezept in einer Apotheke vorgelegt wird, liegt ein Gebrauchen vor. Darüber hinaus könnte ein Betrug gemäß § 263 StGB vorliegen, wenn die andere Person getäuscht werden sollte und die Apotheke, in welcher das Rezept eingelöst wurde, einen Vermögensnachteil erlitt.

Vorlage eines abgeänderten Zeugnisses

Das Zeugnis stellt eine Urkunde dar, dessen Original nicht abgeändert werden darf. Sollte man das jedoch tun, so liegt eindeutig eine Fälschung vor. Der Aussteller dieser Urkunde, meist ein Prüfungsamt, hat eine andere Erklärung abgegeben, als es bei dem abgeänderten Zeugnis der Fall ist. Wenn man das geänderte Zeugnis vorlegt oder verschickt, so wird der Empfänger getäuscht, dass es sich beim vorgelegten Dokument um eine echte Urkunde handelt. Man hat dadurch eine Urkundenfälschung begangen. Darüber hinaus könnte ein Betrug vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn das Vermögen beschädigt worden ist, indem durch Vorspiegelung falscheratsachen einen Irrtum erregt wurde. Des Weiteren muss man in der Absicht gehandelt haben, sich selbst oder einem Dritten einen fremden Vermögensvorteil zu verschaffen. Wenn man dabei auch das Vermögen eines anderen beschädigt, so liegt eindeutig Betrug vor. Dadurch, dass vorgetäuscht wird, dass der Inhalt des Zeugnisses echt ist und der Empfänger somit getäuscht wurde, liegt ein Betrug vor, wenn durch die Täuschung ein Nachteil für den Empfänger des Zeugnisses dafür aber ein Vorteil für den Täuschenden entsteht. Bei dem Fall eines gefälschten Zeugnisses als Teil der Bewerbungsunterlagen für eine offene Stelle könnte der Firma dadurch ein Nachteil entstehen, da sie vermutlich mehr an den Angestellten zahlen wird, als sie es bei dem Vorliegen des wahren Zeugnisses gemacht hätte.

Ist die Vorlage einer gefälschten Gehaltsabrechnung strafbar

Eine Gehaltsabrechnung ist eine echte Urkunde. Sie ist nicht nur zu Informationszwecken für den Arbeitnehmer gedacht, sondern dient auch als Beweis über das monatliche Einkommen und wird mit den entsprechenden Inhalten vom Arbeitgeber ausgestellt. Die deutschen Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die Gehaltsabrechnungen für jeden Mitarbeiter monatlich auszustellen. Wird die Gehaltsabrechnung gefälscht, stimmt der Inhalt dieser nicht mehr mit dem eigentlichen Inhalt überein. Legt man diese Urkunde anschließend vor, gebraucht man sie und macht sich der Urkundenfälschung strafbar.

Unterschreiben mit einem falschen Namen

Die Urkunde ist nicht falsch, wenn nur über den Namen und nicht die Identität getäuscht wird. Möchte man jedoch den Anschein erwecken, dass die Urkunde von demjenigen stammt, dessen Unterschrift auf die Urkunde gesetzt wurde, ist sie unecht. Bei einem offensichtlich falschen Namen, wie beispielsweise dem einer Comicfigur, handelt es sich um keine Urkundenfälschung.

Was tun, wenn man eine Anzeige wegen Urkundenfälschung bekommen hat

Wenn Sie einer Urkundenfälschung beschuldigt werden, sollten Sie auf keinen Fall sofort eine Aussage machen. Das müssen Sie auch nicht. Als Beschuldigter im Strafverfahren haben Sie die Möglichkeit, die Aussage zu verweigern. Es ist sehr ratsam, schnellstmöglich einen Anwalt zu kontaktieren. Dieser kann Akteneinsicht beantragen und einschätzen, wie Sie sich am besten verhalten sollen. Dr. Miluscheva kann bereits im Ermittlungsverfahren für die Einstellung des Verfahrens einsetzen, damit die nachteiligen Folgen einer strafrechtlichen Verurteilung vermieden werden.



*Christina Hauck studiert Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg und hat in unserer Kanzlei ein Praktikum mit Schwerpunkt Strafrecht absolviert.