Infothek

Ein Überblick über das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG)

Autorin: Rechtsreferendarin Sanja Stolac (Anwaltsstation)



In der Nacht vom 31.03.2024 auf den 01.04.2024 gab es etwas vor dem Berliner Brandenburger Tor, das bislang in Deutschland undenkbar schien. Rund 1.5000 Teilnehmer versammelten sich um kurz vor Mitternacht zu einem „Smoke-in“ und rauchten zur Feier des Tages einen Joint. Das Brandenburger Tor war geschmückt mit einem meterhohen Cannabis-Blatt. Grund dafür war das Inkrafttreten des KCanG zum 01.04.2024, wodurch nun unter bestimmten Voraussetzungen der Besitz, Anbau und Konsum von Cannabis legalisiert worden ist.

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Nachdem lange und umfangreich über ein mögliches KCanG in Deutschland diskutiert worden ist, hat es am 22.03.2024 die letzte politische Hürde genommen und den Bundesrat passiert. Einen Vermittlungsausschuss wird es dazu nicht geben.

Durch das KCanG soll der private Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen teilweise legalisiert werden.

Zusätzlich wird es Regelungen zu Anbauvereinigungen und zum gemeinschaftlichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen geben, die am 01.07.2024 in Kraft treten sollen.

Das Gesetz beruht auf einem 2-Säulen-Modell. Die erste Säule verkörpert den unter bestimmten Voraussetzungen erlaubten privaten und gemeinschaftlichen, nicht-gewinnorientierten Eigenanbau von Cannabis. Das KCanG bildet die erste Säule ab.

Die zweite Säule stellt ein regionales Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten dar. Ein Gesetz gibt es dazu noch nicht, wird jedoch von der Bundesregierung vorbereitet. Der Gesetzentwurf soll dann auch noch der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt werden.

Geplant ist zudem die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Der THC-Grenzwert, bis zu welchem am Straßenverkehr teilgenommen werden darf, soll angehoben werden. Eine unabhängige Expertengruppe des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr hat im März 2024 einen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum vorgeschlagen. Dies ist wohl vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Welcher Grenzwert tatsächlich normiert wird, bleibt abzuwarten.

Gesetzeszweck

Zweck des neuen KCanG ist, dass Cannabis nicht mehr vom Schwarzmarkt bezogen werden muss. Die Konsumenten sollen so beispielsweise vor giftigen Beimengungen, Verunreinigungen oder einem unbekannten THC-Gehalt geschützt werden. Der Schwarzmarkt soll demnach zurückgedrängt und das Gesundheitsrisiko minimiert werden.

Konsum

Grundsätzlich ist das Rauchen eines Joints in der Öffentlichkeit nun erlaubt. Dem Gesetzgeber war es aber besonders wichtig, dass Kinder und Jugendliche vor Cannabis geschützt werden. Daher ist der Konsum von Cannabis in ihrer unmittelbaren Gegenwart, in/auf und in Sichtweite (100 Meter) von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen und öffentlich zugänglichen Sportstätten, in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr und in Anbauvereinigungen und in Sichtweite von Anbauvereinigungen (100 Meter) verboten.

Besitz

Das KCanG sieht zwar vor, dass grundsätzlich Besitz, Anbau, Handeltreiben usw. weiterhin verboten bleiben. Von dem Besitz-Verbot ausgenommen sind jedoch Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sechs Monaten in Deutschland wohnen.

Erlaubt ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis. Das Gewicht bezieht sich bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial auf ihren Zustand nach dem Trocknen. Diese 25 Gramm Cannabis dürfen jedoch nur zum Eigenkonsum besessen werden.

In der Wohnung, d. h. zu Hause, dürfen davon abweichend 50 Gramm Cannabis und bis zu drei Cannabispflanzen besessen werden.



Beachtet werden sollte auf jeden Fall, dass insgesamt nicht mehr als 50 Gramm Cannabis besessen werden dürfen. Dafür wird das Gewicht von dem, was man unterwegs dabeihat, und dem, welches sich zu Hause befindet, zusammengerechnet. Folglich darf man nicht 25 Gramm unterwegs dabei und 50 Gramm zu Hause haben. Erlaubt wäre demnach beispielsweise 25 Gramm zu Hause auf Lager zu haben und 25 Gramm mitzunehmen. Davon unberührt bleibt jedoch die Erlaubnis, drei Cannabispflanzen zu besitzen.

Wichtig ist zudem, dass Cannabis, das man zu Hause selbst angebaut hat, nicht an Dritte weitergegeben werden darf. Zudem ist darauf zu achten, dass vor allem Minderjährige keinen Zugriff auf das Cannabis bzw. die Cannabispflanzen haben.

Import von Cannabissamen

Cannabissamen dürfen zum Zweck des privaten Eigenanbaus, d. h., um Cannabispflanzen zu Hause anzubauen, nur aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland importiert werden. Dabei ist auch der Erwerb über das Internet und der Versand nach Deutschland zulässig.

Anbauvereinigungen

Erlaubt ist – sobald das entsprechende Gesetz im Juli in Kraft tritt (s. o.) – die Bildung von sog. Anbauvereinigungen. Diese sind eine Reaktion darauf, dass der An- und Verkauf von Cannabis weiterhin verboten bleiben soll.

In Anbauvereinigungen können sich bis zu 500 Mitglieder organisieren und gemeinschaftlich Cannabis anbauen. Sie sind eingetragene nichtwirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften. Minderjährige dürfen nicht Mitglied werden. Volljährige dürfen in maximal einer Anbauvereinigung Mitglied sein und müssen aktiv am Anbau mitwirken. Eine rein passive Mitgliedschaft, d. h. nur eine auf den Erwerb von Cannabis gerichtete Mitgliedschaft, ist nicht erlaubt. Des Weiteren kann nur Mitglied werden, wer seit mindestens sechs Monaten in Deutschland wohnt. Dadurch soll Drogentourismus vermieden werden.

Die Gründung einer Anbauvereinigung bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis wird auf sieben Jahre befristet, kann aber nach Ablauf von mindestens fünf Jahren verlängert werden.

In den Anbauvereinigungen darf Cannabis ausschließlich in seiner Reinform (Marihuana und Haschisch), also beispielsweise als getrocknete Blüte oder abgesondertes Harz der Pflanze, an seine Mitglieder abgegeben werden.

Zudem soll die Weitergabe für den Eigenkonsum auf 25 Gramm Cannabis pro Tag bzw. 50 Gramm Cannabis pro Monat und sieben Cannabissamen oder fünf Stecklinge pro Monat für den Eigenanbau begrenzt werden. Personen unter 21 Jahren dürfen pro Monat höchstens 30 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum erhalten mit einem begrenzten THC-Gehalt von 10 Prozent.

An Nicht-Mitglieder ist eine Weitergabe von lediglich sieben Cannabissamen oder fünf Stecklingen pro Monat zum privaten Eigenanbau für den Eigenkonsum erlaubt. Bei einer gemischten Weitergabe von Samen und Stecklingen dürfen insgesamt maximal fünf Samen und Stecklinge erworben werden.

Wichtigste Neuerungen – welche Ordnungswidrigkeiten und Straftaten gibt es jetzt?

Cannabis und nichtsynthetisches THC sind nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des BtMG eingestuft. Daher gelten nicht mehr die Straftatbestände des BtMG, sondern die des KCanG.

Wer mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm besitzt (s. o.), begeht eine Ordnungswidrigkeit. Gleiches gilt, wenn jemand über 50 Gramm bis zu 60 Gramm Cannabis an seinem Wohnsitz besitzt.

Wird die Grenze von 30 Gramm bzw. 60 Gramm überschritten, besitzt jemand mehr als drei Cannabispflanzen oder baut diese nicht zum Eigenkonsum an, machen sich Erwachsene und Jugendliche weiterhin strafbar. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre oder eine Geldstrafe. Gleiches gilt für das Handeltreiben, Ein- und Ausführen, Durchführen, Ab- und Weitergeben usw. Der Strafrahmen gilt auch, wenn gegen die Vorgaben bzgl. Anbauvereinigung verstoßen wird. Auch eine Versuchsstrafbarkeit ist normiert.

Höhere Strafrahmen gelten beispielsweise für eine gewerbsmäßige Handlung oder die Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen.

Auch weiterhin kann von einer Strafe abgesehen werden bzw. eine Strafmilderung greifen, wenn bei den Ermittlungen mitgewirkt wird.

Schutz Minderjähriger

Wie bereits beschrieben, war es dem Gesetzgeber ein besonderes Anliegen, Kinder und Jugendliche vor Cannabis zu schützen.

Für die vorsätzliche gewerbliche Abgabe oder die Überlassung von Cannabis und anderen Betäubungsmitteln an Kinder und Jugendliche gelten nunmehr höhere Strafen als ursprünglich vorgesehen. Die Mindeststrafe beträgt zwei Jahre Freiheitsstrafe.

Löschung früherer Einträge aus dem Bundeszentralregister

Ein früherer Eintrag im Bundeszentralregister wegen einer Verurteilung nach § 29 BtMG (v. a. Anbau, Besitz, Herstellung) kann auf Antrag gelöscht werden, sofern das damals strafbare Verhalten im neuen KCanG nicht unter Strafe gestellt ist.