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Das neue Medizinal-Cannabisgesetz

Autorin: Rechtsreferendarin Sanja Stolac (Anwaltsstation)



404 Ja-Stimmen und 226 Nein-Stimmen, so hat der Deutsche Bundestag abgestimmt – ein historisches Ergebnis und der Beginn einer neuen Ära in der Drogenpolitik. Der Weg für das Cannabisgesetz ist frei.

Das neue Gesetzespaket des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach umfasst nicht nur das Konsumcannabisgesetz, welches Regelungen zum privaten Konsum, Besitz und Anbau von Cannabis enthält. Vielmehr ist auch ein neu entworfenes Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) enthalten.

Im MedCanG finden sich Regelungen zum Gebrauch von Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken. Es trat am 01.04.2024 in Kraft.

Gesetzeszweck

Das Gesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass Cannabis nun nicht mehr zu den Betäubungsmitteln gehört. Grund dafür ist, dass eine neue Risikobewertung stattgefunden hat. Demnach ist es nicht mehr gerechtfertigt, Cannabis anderen Betäubungsmitteln gleichzusetzen. Durch die Teil-Legalisierung und Entkriminalisierung soll der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden. Dadurch werden auch Minderjährige geschützt, da sie weniger Cannabis von Schwarzmärkten beziehen können. Das Gesundheitsrisiko sinkt, wenn Cannabis selbst angebaut werden darf, da dann keine Verunreinigungen enthalten sind. Mithin wird der Konsum von Cannabis weniger gefährlich. So argumentierte unter anderem der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in seiner Rede vom 22.03.2024 vor dem Deutschen Bundestag.

Allerdings sind die Normen des MedCanG an die Normen des BtMG angelehnt, sodass sich hier keine tiefgreifenden Änderungen ergeben. Das MedCanG soll einen strengen Maßstab hinsichtlich der Sicherheit und der Kontrollen anlegen. Die Änderungen, die das neue Gesetzespaket mit sich bringt, schlagen sich vor allem im Konsumcannabisgesetz nieder.

Auswirkungen des MedCanG auf den Erhalt von Arzneimitteln

Da Cannabis aufgrund der neuen Gesetze nicht mehr zu den Betäubungsmitteln gehört, ist nun auch kein Betäubungsmittelrezept mehr von den Ärzten auszustellen.



Es reicht aus, wenn ein „normales“ Rezept ausgestellt wird. Folglich ist es nun wie ein normales verschreibungspflichtiges Arzneimittel zu behandeln. Dieses kann dann wie gewohnt in der Apotheke abgegeben werden, um das entsprechende Arzneimittel zu erhalten. Zudem ist es weiter entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig.

Betäubungsmittelrezepte haben nur eine begrenzte Gültigkeit von sieben Tagen. Normale Rezepte haben hingegen – je nach Art der Versicherung und des Medikaments – eine Gültigkeit von 28 Tagen bis zu drei Monaten. Ein Rezept für nicht verschreibungspflichtige Medikamente ist sogar zeitlich unbegrenzt gültig.

Betroffene sollen gerade nicht Cannabis aus eigenem Anbau zur medizinischen Versorgung nutzen, sondern Cannabis aus staatlich kontrolliertem Anbau erhalten. Die Verwendung von sog. Genusscannabis aus eigenem Anbau berge die Gefahr einer Über- oder Unterdosierung aufgrund unbekannter Schwankungen der Wirkstoffgehalte. Wichtig sei zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken die Einhaltung arzneimittel- und apothekenrechtlicher Vorgaben (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 20/8704, S. 2).

Für die Apotheken ändert sich mehr als für die Betroffenen. Betäubungsmittelrezepte können nicht als E-Rezepte ausgestellt werden, normale Rezepte hingegen schon. Die Systeme müssen demnach umgestellt werden.

Problematisch ist zudem, was mit Betäubungsmittelrezepten passiert, die vor dem 01.04.2024 ausgestellt, aber noch nicht in der Apotheke eingelöst worden sind. Dies kann in einer kurzen Übergangszeit von sieben Tagen (da Betäubungsmittelrezepte nur so lange gültig sind, s. o.) der Fall sein. Es besteht die Befürchtung, dass Apotheken, wenn sie das Cannabis nun herausgeben, wegen des falschen Rezeptes keine Erstattung der Krankenkasse erhalten (sog. Retaxation). Einige Krankenkassen hatte jedoch angekündigt, für vier Wochen auf eine solche Retaxation zu verzichten. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man sich aber wohl ein normales Rezept vom Arzt besorgen.

Da in Apotheken Arzneimittel mit Cannabis meist selbst hergestellt werden, können sie dafür auf den Preis für das Arzneimittel an sich eine Betäubungsmittelgebühr inklusive Mehrwertsteuer hinzurechnen. Ob auch zukünftig eine Gebühr wegen der eigenen Herstellung anfällt, bleibt abzuwarten.

Auch für Ärzte ändert sich einiges. Betäubungsmittelrezeptvorlagen müssen gesondert angefordert und anschließend in der Arztpraxis sicher und geschützt vor dem Zugriff Dritter aufbewahrt werden. Betäubungsmittelrezepte sind zudem personenbezogen. Das bedeutet, dass sie nur von den Ärzten ausgestellt werden dürfen, die die Vorlagen auch erhalten haben. Andere Ärzte in derselben Arztpraxis dürfen diese nicht mitverwenden. Das ist bei normalen Rezepten anders.

Strafvorschriften

Strafbar ist vor allem, wenn jemand unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um ein ärztliches Rezept für Cannabis zu erhalten, wenn Ärzte Cannabis-Arzneimittel grundlos verschreiben oder wenn Apotheken Cannabis ohne die Vorlage eines entsprechenden Rezeptes abgeben. Der Strafrahmen erstreckt sich auf eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre oder eine Geldstrafe. Auch eine Versuchsstrafbarkeit gibt es.

Eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe kann es geben, wenn der Täter an der Aufklärung weiterer Taten mitwirkt.

Bußgeldvorschriften

Im MedCanG findet sich zudem eine Bußgeldschrift. Eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer beispielsweise notwendige Mitteilungen nicht macht oder Aufzeichnungen nicht richtig führt. Dann kann – je nach Fall – eine Geldbuße bis zu 30.000 Euro fällig werden.