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Bedeutung und Rechtsgrundlagen der Einziehung

Autorin: Rechtsreferendarin Cheyenne Blum (Anwaltsstation)



Die strafrechtliche Einziehung ist in den §§ 73 ff. StGB geregelt. Während vor der Reform des Einziehungsrechts im Jahr 2017 noch zwischen dem Verfall (§§ 73 ff. StGB a.F.) und der Einziehung (§§ 74 ff. StGB a.F.) begrifflich unterschieden wurde, wird seither der gesamte Komplex als Einziehung bezeichnet. Inhaltlich waren mit der Reform keine wesentlichen Änderungen verbunden. Grundlegend ist zwischen der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB) und der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) zu unterscheiden:

Einziehung von Taterträgen in Strafsachen

Bei der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB geht es um die Gewinnabschöpfung, d.h. dem Täter oder Teilnehmer einer Straftat soll alles, was er durch eine rechtswidrige Tat oder für sie erlangt hat, also die Tatbeute, wieder abgenommen werden – eine Straftat soll sich nicht „lohnen“.

Im Rahmen der erweiterten Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB ist es sogar möglich, solche Gegenstände einzuziehen, die nicht mit der konkret abgeurteilten Tat im Zusammenhang stehen, sondern die durch eine andere rechtswidrige Tat erlangt worden sind. Hierdurch soll insbesondere eine Gewinnanhäufung durch wiederholte Begehung von Straftaten verhindert und dem Täter die Mittel für die Begehung künftiger Straftaten entzogen werden.

Unter den Voraussetzungen des § 73b StGB ist es zudem zulässig, die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73, 73a StGB auch gegen andere Personen, die nicht Täter oder Teilnehmer einer Straftat sind, anzuordnen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Dritte selbst etwas durch die Tat erlangt hat oder wenn ihm das Erlangte unentgeltlich übertragen wurde, beispielsweise wenn der Täter seiner Frau eine gestohlene Kette geschenkt hat.

Sofern eine Einziehung des Gegenstandes nicht möglich ist, etwa weil dieser zerstört wurde, kann gemäß § 73c StGB auch die Einziehung eines Geldbetrages angeordnet werden, der dem Wert des Erlangten entspricht.

Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten

Demgegenüber haben die §§ 74 ff. StGB den Zweck, eine erneute Tatbegehung zu erschweren, indem die Einziehung der Tatprodukte, der Tatmittel und der Tatobjekte angeordnet wird.

Tatprodukte sind etwa hergestellte gefälschte Urkunden. Als Tatmittel sind beispielsweise die bei zur Begehung einer Körperverletzung verwendeten Waffen oder Einbruchswerkzeuge zu verstehen. Tatobjekte meinen Bezugsgegenstände, d.h. Gegenstände, auf die sich eine Tat passiv bezieht. Zur Abgrenzung folgendes Beispiel: bei dem Transport von illegalen Betäubungsmitteln handelt es sich bei dem verwendeten Fahrzeug um ein Tatmittel, demgegenüber stellen die Betäubungsmittel selbst das Tatobjekt dar.



Voraussetzung nach § 74 Abs. 3 StGB ist dabei grundsätzlich, dass die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Fremde Gegenstände können nach dieser Vorschrift also nicht eingezogen werden.

Abweichend von diesem Grundsatz ist gemäß § 74a StGB auch eine Einziehung bei anderen Personen unter engen Voraussetzungen möglich, beispielsweise wenn der Dritte leichtfertig zur Verwendung des Gegenstandes als Tatmittel beigetragen hat. Eine solche Einziehung bei Dritten kommt jedoch nicht generell in Betracht, sondern nur bei bestimmten Straftaten, wie etwa der Geldwäsche nach § 261 Abs. 10 StGB.

Zudem ist es möglich, gegen Dritte eine sog. Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB anzuordnen, wenn die betroffenen Gegenstände die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. In diesem Fall wird der Dritte jedoch grundsätzlich aus der Staatskasse entschädigt, solange er nicht etwa den Gegenstand in Kenntnis einer möglichen Einziehung erworben hat, § 74 Abs. 2, Abs. 3 StGB.

Auch im Rahmen der §§ 74 ff. StGB kann anstelle des Gegenstandes die Einziehung eines entsprechenden Geldbetrages verhängt werden, etwa wenn der Täter den Gegenstand zuvor an einen unbekannten Dritten veräußert hat. Die Höhe des Wertersatzes bemisst sich dabei nach dem jeweiligen Verkehrswert des Einziehungsgegenstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung. Dies entspricht maximal dem üblichen Preis, der für einen nach Art, Güte und Menge vergleichbaren Gegenstand erzielt werden kann. Wenn ein solcher Wert nicht eindeutig feststellbar ist, kann dieser auch nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzt werden.

Die Einziehung im Ordnungswidrigkeitenrecht

Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht finden sich in den §§ 22 ff. OWiG Regelungen zur Einziehung. Diese entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den o.g. strafrechtlichen Einziehungsvorschriften. In § 29a Abs. 3 OWiG wird insofern festgelegt, dass bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten die Aufwendungen des Täters oder des anderen abzuziehen sind. Nach S. 2 bleibt dabei jedoch außer Betracht, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist. Nach dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 15.08.2019 – 1 OWi 2 Ss Bs 46/19 unterliegen aber nicht sämtliche Investitionen in verbotene Geschäfte dem Abzugsverbot. Nur solche, die willentlich und bewusst für die Tatbegehung oder deren Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt wurden, dürfen sich nicht abschöpfungsmindernd auswirken. Es bedarf demnach stets einer subjektiven Komponente („für“). Demgegenüber sind solche Aufwendungen abzugsfähig, die zwar in ein verbotenes Geschäft investiert wurden, der Täter dabei aber die Rechtswidrigkeit des Geschäfts fahrlässig verkannt hat, d.h. die Aufwendungen erfolgten gerade nicht bewusst und vorsätzlich zur Tatbegehung. Voraussetzung für einen Abzug ist ein zeitlich-sachlicher Zusammenhang der Aufwendungen mit der Erlangung des Tatertrages. Als abzugsfähige Aufwendungen kommen dabei etwa Fahrt- und Transportkosten (zusammengesetzt aus Wegstrecke, Stundenlohn und Mautgebühren) in Betracht, jedoch nur, wenn diese gerade zur Erlangung des einziehungsbegründenden Gegenstandes (Bsp. Frachtlohn) getätigt wurden (Bsp. (-) bei „Rückfracht“: Kosten auch ohne Frachttransport angefallen). Nach § 29a Abs. 4 S. 1 OWiG können Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen geschätzt werden (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.03.2012 – 2 Rb 9 Ss 852/18: auch Kenntnisstand unmittelbar Handelnder (Bsp. Lkw-Fahrer) für subjektive Komponente ausreichend, Zurechnung zu Einziehungsbeteiligten als Drittbegünstigten)